Wie es nach einem Schlaganfall weitergeht

Arzt beurteilt Gehirnquerschnitte einer Schlaganfall-Patientin
© Friso Gentsch/dpa/dpa-tmn

Nachsorge

Berlin (dpa/tmn) - Ein überstandener Schlaganfall teilt das Leben in ein Davor und ein Danach ein - für Betroffene ebenso wie für ihre Liebsten. Die plötzlich auftretende Durchblutungsstörung im Gehirn ist nämlich die häufigste Ursache für lebenslange Behinderung bei Erwachsenen.

Welche Einschränkungen nach dem Schlaganfall bleiben, hängt davon ab, welcher Bereich des Gehirns betroffen und wie lange die Durchblutung dort gestört war. Oft geht der Schlaganfall jedoch mit bleibenden Schäden einher wie dauerhaften Lähmungen, Sprach- und Sprechstörungen oder Inkontinenz.

Wie geht es nach Klinik und Reha weiter, worauf kommt es an? Vor dieser Frage stehen Jahr für Jahr viele Betroffene und ihre Angehörigen. Von jährlich rund 270.000 Schlaganfällen in Deutschland geht das Erlanger Schlaganfall-Register auf Grundlage von Berechnungen aus. 

Und so mancher erlebt diesen Einschnitt nicht nur einmal im Leben: Rund 66.000 davon sind wiederholte Schlaganfälle. Bei der Nachsorge geht es also auch darum, das Risiko für ein zweites oder drittes Mal zu verringern. Ein Überblick: 

Wie ist die Nachsorge nach Klinikaufenthalt und Reha organisiert? 

Kommt es zu einem Schlaganfall, ist das Vorgehen erst einmal klar: Der Patient oder die Patientin wird über die Notaufnahme ins Krankenhaus eingeliefert und dort versorgt, danach folgt meist ein Aufenthalt in der Reha - und dann? 

Genau hier setzt für viele Patienten und ihre Angehörigen eine regelrechte Grauzone ein. «Denn die sogenannte Nachsorge ist in Deutschland noch ein Stiefkind», sagt Prof. Andreas Meisel vom Centrum für Schlaganfallforschung Berlin (CSB) an der Berliner Charité. 

Eine einheitliche und flächendeckende Nachsorgestruktur fehle nämlich - die einzelnen medizinischen Bereiche seien oft nicht gut genug vernetzt. 

In der Regel soll der Hausarzt oder die Hausärztin übernehmen und die weiteren Maßnahmen koordinieren. Regelmäßige Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie sollen, wenn nötig, helfen, Beeinträchtigungen wieder zu mindern – und einen nächsten Schlaganfall verhindern. 

Für den nahtlosen Übergang sollten Betroffene und ihre Angehörigen entsprechende Termine am besten schon vor Ende des Klinik- bzw. Rehaaufenthaltes ausmachen, rät die Deutsche Schlaganfall-Hilfe. 

Warum ist gute Nachsorge eigentlich so wichtig? 

«Sicher ist: Je eher man mit dem Training beginnt und professionelle Unterstützung bekommt, je mehr man bereit ist, sich ins Leben zurückzukämpfen und gleichzeitig aber auch die neue Situation zu akzeptieren, desto eher sind positive Effekte zu erwarten», sagt Andreas Meisel. 

Lange Zeit hieß es, dass Fortschritte vor allem in den ersten drei - allenfalls sechs Monaten - nach dem Schlaganfall möglich seien. «Heute gehen wir davon aus, dass sich das Gehirn dank der sogenannten Neuroplastizität teilweise regenerieren kann», sagt Meisel. 

Gesunde Bereiche übernehmen dann Aufgaben der geschädigten Areale, zum Beispiel, indem gesunde Nervenzellen neue Kontakte bilden, um die verlorenen Funktionen zumindest teilweise auszugleichen. Doch auch hier gilt: Jedes Gehirn, jeder Schlaganfall ist individuell - und so sieht auch jeder Weg zurück ins Alltagsleben anders aus. 

Welche Rolle spielt die Psyche? 

Unterschätzt werden oft auch die psychischen Folgen eines Schlaganfalls. Neben den körperlichen Folgen kann es auch zu Persönlichkeitsverschiebungen kommen, beispielsweise zu einer veränderten Impulskontrolle. 

Und: «Rund ein Drittel aller Schlaganfall-Patienten leidet nach dem Schlaganfall zudem an Depressionen», sagt Andreas Meisel. 

Dabei kann eine Depression einerseits durch den Schlaganfall selbst ausgelöst werden. Und zwar, wenn er Gehirnbereiche trifft, die für den Umgang mit Emotionen zuständig sind, so die Deutsche Schlaganfall-Hilfe. Andererseits können auch die Folgen eines Schlaganfalls zu der psychischen Erkrankung führen. Etwa, wenn sich Betroffene wert- und nutzlos fühlen und ihren verlorenen Fähigkeiten nachtrauern. 

Wichtig: Eine Depression sollte unbedingt behandelt werden - etwa mit Medikamenten und, falls möglich, mit psychotherapeutischen Sitzungen. 

Worauf kommt es an, um einen wiederholten Schlaganfall zu verhindern? 

«Auch der erste Schlaganfall hatte ja oftmals einen oder mehrere Gründe», sagt Corinna von Büdingen, Geschäftsführerin der Deutschen Schlaganfallbegleitung (DSB) gGmbH. Ein kritischer Blick auf die Lebensgewohnheiten und Risikofaktoren - und die eine oder andere Anpassung - lohnt also. 

Da gibt es die üblichen Ratschläge: nicht rauchen, kein Alkohol, viel Bewegung im Alltag. Von Büdingen rät zudem, die vom Arzt verschriebenen Medikamente unbedingt einzunehmen - denn das geschehe erstaunlich oft nicht. 

Doch das ist nicht alles: «Der Ernährung kommt eine große Bedeutung zu», sagt von Büdingen. «Studien zeigen deutlich, dass die Mittelmeer-Diät besonders gut helfen kann, einen weiteren Schlaganfall zu verhindern.» Heißt: viel Gemüse, Obst, Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und gesunde Fette, etwa aus Fisch oder Olivenöl. Gut zu wissen: Hausarzt oder Hausärztin haben die Möglichkeit, eine Ernährungsberatung zu verordnen. 

Wo bekommen Betroffene und ihre Angehörigen Unterstützung? 

Im Internet gibt es eine Fülle von Angeboten, die über die Erkrankung und die Nachsorge informieren. Finden kann man dort aber auch Beratung, Adressen von Selbsthilfegruppen oder ehrenamtliche Schlaganfall-Helfer, die bei der Rückkehr in den Alltag unterstützen. Drei hilfreiche Anlaufstellen: 

- Deutsche Schlaganfallbegleitung (https://schlaganfallbegleitung.de

- Deutsche Schlaganfall-Hilfe (https://www.schlaganfall-hilfe.de)

- Berliner Schlaganfall-Allianz (https://www.schlaganfallallianz.de)

© dpa-infocom, dpa:250826-930-959786/1
Ein Arzt bei Patientensprechstunde
Der Hausarzt oder die Hausärztin spielt eine zentrale Rolle bei der Nachsorge von Schlaganfall-Patientinnen und Patienten. © Benjamin Nolte/dpa-tmn
Der Hausarzt oder die Hausärztin spielt eine zentrale Rolle bei der Nachsorge von Schlaganfall-Patientinnen und Patienten.
© Benjamin Nolte/dpa-tmn
Frau trainiert bei einer Ergotherapie ihre Hand
Damit sich Einschränkungen nach einem Schlaganfall bessern, kommt unter anderem Ergotherapie zum Einsatz. © Franziska Gabbert/dpa-tmn
Damit sich Einschränkungen nach einem Schlaganfall bessern, kommt unter anderem Ergotherapie zum Einsatz.
© Franziska Gabbert/dpa-tmn
Tabouleh mit Falafel, Fladenbrot und Tzatziki
Ein wichtiger Baustein, um einen weiteren Schlaganfall zu verhindern: Anpassungen im Lebensstil - so etwa der Umstieg auf mediterrane Kost. © Christin Klose/dpa-tmn
Ein wichtiger Baustein, um einen weiteren Schlaganfall zu verhindern: Anpassungen im Lebensstil - so etwa der Umstieg auf mediterrane Kost.
© Christin Klose/dpa-tmn
Ein Mann am Handy
Für Betroffene eines Schlaganfalls gibt es viele Hilfs- und Unterstützungsangebote im Internet. © Andrea Warnecke/dpa-tmn
Für Betroffene eines Schlaganfalls gibt es viele Hilfs- und Unterstützungsangebote im Internet.
© Andrea Warnecke/dpa-tmn

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